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Wenn wir gemeinsam designen

Wenn wir gemeinsam designen

„Everyone designs“ – „Jeder Mensch gestaltet“, erklärte der Wirtschaftswissenschaftler und Psychologe Herb Simon im Jahr 1968. In dem Fall sind alle Personen gemeint, die „Handlungsweisen entwickeln, welche den Istzustand in bevorzugte Situationen verwandeln“. In einer bei weitem nicht perfekten Welt schließen wir daraus, dass wir alle als Designer:innen fungieren.

 

Betrachten wir jedoch die konventionellen Softwareentwicklungsteams von heute, so scheint diese Feststellung nicht zu stimmen. Für gewöhnlich sieht sich nur eine Minderheit – und manchmal sogar niemand – in einem Team selbst als Designer:in.

 

Während der gemeinsamen Arbeit an einem Kundenauftrag haben wir – in unseren jeweiligen „Rollen“ als Business-Analytikerin, Entwickler und Experience-Designerin – eine entsprechend kollaborative Herangehensweise an Design entwickelt. Mit diesem Ansatz lösen wir unsere fachlichen Silos auf und konzentrieren uns stattdessen auf die gemeinsamen Ziele und Praktiken. Und das sind oft mehr, als wir denken.

 

Obwohl jedes Teammitglied eine individuelle fachliche Perspektiven einbringt, entdecken die Teams gerade in der Zusammenarbeit die optimalen Problemstellungen. In dieser Konstellation lässt sich auch herausfinden, wie diese praktikabel, tragfähig und mit dem gewünschten Nutzen gelöst werden.

 

„Die meisten Menschen machen den Fehler, zu denken, dass es bei Design nur darum geht, wie es aussieht“, hat Steve Jobs einmal gesagt. „Das entspricht nicht unserem Verständnis von Design. Es geht nicht nur darum, wie etwas aussieht und wie es sich anfühlt. Design ist, wie etwas funktioniert.” 

 

Um zu verstehen, wie etwas funktioniert, müssen wir Dinge auseinandernehmen und uns anschauen, wie alle Teile zusammenpassen. Das ist es, was wir alle in unseren Fachbereichen tun – auf unterschiedliche Weise. Dann besteht die Aufgabe für uns alle darin, zu verstehen, wie wir gemeinsam die perfekte Lösung entwickeln können. Das alles macht Design aus.

 

Das Problem neu formulieren

 

Als Berater:innen werden wir oft mit Projekten konfrontiert, die voller Unklarheiten sind – in ohnehin schon sehr komplexen Geschäftsbereichen. Wir haben gelernt, dass eine erfolgreiche Produktentwicklung davon abhängt, diese Komplexität direkt anzugehen. Gewöhnlich tun wir das, indem wir mit Fragen beginnen.

 

Um es einmal an einem Beispiel zu erklären: Wir wollen die Erfahrung beim Benutzen von Aufzügen verbessern bzw. verändern. Wo könnten wir hier anfangen? Bei der Geschwindigkeit oder Ästhetik? Wir könnten die Algorithmen für die Stopps in den verschiedenen Etagen optimieren und somit die Wartezeiten verkürzen. Oder wir entwickeln eine neue digitale Anzeigetafel mit einer stylischen Benutzeroberfläche. Technisch gesehen sind die Möglichkeiten schier endlos.

 

Betrachten wir das Ganze jedoch durch die Brille einer Design-Denkweise, lernen wir, schwierigere Fragen zu stellen: Für wen wollen wir dieses Problem lösen? Wie können wir das Problem effektiver lösen?

 

Es zeigt sich in unserem Beispiel, dass Klaustrophobie das größte Problem ist, welches die Erfahrung von Menschen mit Aufzügen beeinträchtigt. Diese Erkenntnis lässt uns einen Schritt zurückgehen. Die beste Antwort ist möglicherweise eine, die im Vergleich zu den oben genannten weniger offensichtlich ist: beispielsweise könnten wir Musik einspielen oder vom Boden bis zur Decke reichende Spiegel installieren, um für Ablenkung zu sorgen. Wir erreichen unser Ziel, indem wir das Problem gemeinsam neu formulieren. Vielleicht müssten wir nicht einmal eine Software dazu schreiben!

 

Die Zusammenarbeit kultivieren

 

Wir wissen, dass das nicht immer einfach ist. Oft werden Teams von der Komplexität überwältigt. Unsere individuellen Sicht- und Denkweisen können zudem wichtige Erkenntnisse überlagern. Genau aus diesem Grund müssen wir zusammenarbeiten. Eine Methode, die wir eingesetzt haben, um die unterschiedlich Perspektiven zusammenzubringen, ist das „Design Studio“.

In diesem einfachen und schnellen Workshop geht es darum, die Herausforderung und die damit verbundenen Einschränkungen und Annahmen zu formulieren. Die Teilnehmer:innen skizzieren jeweils acht Ideen in acht Minuten und tauschen diese anschließend in der Gruppe aus. Alle Teilnehmer:innen vertiefen ihre Ideen dann einzeln noch einmal für fünf Minuten. Danach wird über jeden der Vorschläge abgestimmt. Schließlich arbeiten alle gemeinsam an der Idee, welche die meisten Stimmen erhalten hat.

 

Wir haben festgestellt, dass diese Übung die Kreativität der einzelnen Teilnehmer:innen freisetzt und gleichzeitig die kognitiven Fähigkeiten der Gruppe nutzt. Wenn wir ein Problem aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten, macht unser Denken einen Sprung nach vorne. Die Kunst besteht darin, diese Vielfalt an Sichtweisen in mehreren Iterationen zu durchlaufen.

 

Die Grundlagen

 

Wir glauben, dass Teams drei Dinge beherzigen sollten, um das volle Potenzial des gemeinsamen Designs zu entfalten:

 

VERBINDEN: Sprechen Sie mit Personen in anderen Rollen und erkundigen Sie sich eingehend über ihre Perspektiven, ihr Wissen und die Erfahrungen, die sie ins Team einbringen. 

 

VERSTÄRKEN: Zeigen Sie Ihre Unterstützung für unterschiedliche Sichtweisen im Team, insbesondere, wenn diese in der Minderheit sind. Nutzen Sie Ihre Stimme, um die Sichtweisen der anderen zu stärken und deren Einfluss zu erhöhen. 

 

ZUSAMMENARBEITEN: Selbst in einem funktionsübergreifenden Team kann es uns leicht passieren, dass wir von einer Aufgabe absorbiert werden und unter Druck geraten, sie zügig zu bearbeiten. Wir nehmen dann vielleicht an, dass es schneller ist, das Problem allein zu bearbeiten – aber das ist ein Trugschluss. Denn nur wenn wir das Tempo zurücknehmen, verschiedene Perspektiven und alle Beteiligten einbeziehen, können wir die gewünschten Ergebnisse erzielen.

 

Preschen Sie also nicht allein vor. Halten Sie inne und überlegen Sie zuerst, was Sie mit einem gemeinsamen Design erreichen können.

 

 

Dieser Artikel ist eine kurze Zusammenfassung unseres Talks zur YConf 2020.

Hinweis: Die in diesem Artikel geäußerten Aussagen und Meinungen sind die der Autor:innen und spiegeln nicht zwingend die Position von Thoughtworks wider.

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