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So nutzen Sie das wahre Potenzial der Cloud

Auch wenn die Modernisierung von Unternehmen in Vorstandsetagen ganz oben auf der Prioritätenliste steht, Cloud Computing hat für einige Führungskräfte seinen Glanz verloren. Vor allem für diejenigen, die das Potenzial der Cloud irrtümlicherweise mit dem Ziel gleichgesetzt haben, Geld zu sparen. Das ist ein Fehler, der passieren kann. Schließlich ist das Versprechen sowohl verlockend als auch verständlich, langfristige Kapitalinvestitionen, etwa in Rechenzentren, zugunsten der nutzungsabhängigen Kosten der Cloud zu streichen. Und es ist nicht so, als wäre dies ein leeres Versprechen: Richtig angegangen, kann der Umstieg auf die Cloud eine große Kostenersparnis für Ihr Unternehmen bedeuten. 


Doch wie viele Führungskräfte feststellen, verbirgt sich hinter der kurzen Formulierung "richtig angegangen" eine Welt voller Komplexität. In ihrem Spar-Eifer setzen allzu viele Unternehmen auf Cloud-Migrationsstrategien, die ihre Ziele nicht erreichen. Das Marktforschungsinstitut IHS Markit hat in einer Studie herausgefunden, dass fast drei Viertel der befragten Unternehmen eine Cloud-basierte Anwendung wieder zurück auf eigene Infrastruktur überführt haben, weil sich die erwarteten Vorteile nicht eingestellt hatten.

Das geht auch anders. Die Cloud kann eine wirkliche Transformation für ein Unternehmen bedeuten. Die Cloud ermöglicht es Unternehmen, Rechnerressourcen flexibel an ihre Bedürfnisse anzupassen und je nach Bedarf rauf oder runter zu skalieren; die Cloud kann Bestrebungen hin zu mehr Innovation und Sicherstellung des Betriebs untermauern. Sie kann Unternehmen sogar dabei helfen, umweltfreundlicher zu werden. Um das zu erreichen, müssen sie einen möglichst großen Teil ihrer IT-Ressourcen so "cloud-nativ" wie möglich gestalten. Das erfordert eine sorgfältige Planung und die Bereitschaft, schwierige Entscheidungen zu treffen.


Schnell handeln, schnell scheitern


Sich auf die Kosten zu konzentrieren, kann eine Cloud-Migration ernsthaft gefährden, sagt Scott Shaw, Head of Technology bei Thoughtworks Australia. "Wenn Sie allein durch die Migration von Aufgaben in die Cloud sofortige Einsparungen erwarten, werden Sie wahrscheinlich enttäuscht werden", sagt er. "Sie sollten vielmehr damit rechnen, dass die Kosten steigen werden."


Das liegt daran, dass bei einem schnellen Umstieg auf die Cloud viele Unternehmen einen "Lift and Shift"-Ansatz wählen. Dabei werden die bestehenden Architekturen, Sicherheitsvorkehrungen und IT-Modelle einfach in der Cloud repliziert. 


Ein solcher Ansatz schöpft nicht nur das volle Potenzial der Cloud nicht aus, er kann auch teurer sein, sagt Shaw. Viele Unternehmensanwendungen wurden nicht für den Betrieb in der Cloud konzipiert. Diese in der Cloud so zu betreiben, als befänden sie sich in Ihrem Rechenzentrum, kann zu suboptimaler Leistung führen. Wenn Ihre Anwendungen auf den Einsatz in einem Rechenzentrum ausgelegt sind, erzeugen sie möglicherweise erheblichen Netzwerkverkehr – wofür Sie in der Cloud bezahlen müssen.


"Wenn Sie Ihre Anwendungen nicht angepasst haben, um die Vorteile der Cloud zu nutzen, werden Sie wahrscheinlich auf viele versteckte Kosten stoßen, die Sie in Ihrem Rechenzentrum nicht bezahlt haben."


Unter Umständen könnten Geschäftsführer, denen der Umstieg auf ein Customer-Relationship-Management-System in der Cloud sofortige Kosteneinsparungen gebracht hat, auf den Gedanken kommen, dass sie dies durch die Verlagerung anderer Bestandssysteme in die Cloud wiederholen könnten. Tatsächlich stammen die Einsparungen im ersten Fall aus dem Umzug auf ein natives Cloud-System – beim “Lift and Shift" von Bestandssystemen fehlt die Optimierung für die Cloud.


Und Optimierung für die Cloud kann Einsparungen bringen. Bei einem Unternehmen, mit dem wir zusammengearbeitet haben, konnte Thoughtworks die in der Cloud benötigten Rechenressourcen um 50% reduzieren. Dazu haben wir responsive und dynamische Schnittstellen implementiert, die nur einzelne UI-Komponenten bei Bedarf aktualisieren und laden, anstatt die gesamte Seite. Infolgedessen konnte unser Kunde 25 bis 30% der Infrastrukturkosten einsparen.

Die leichte Verfügbarkeit von Cloud-Diensten ist zwar zweifelsohne reizvoll, kann aber auch ein zweischneidiges Schwert sein. Ein häufiger Fehler, den wir in Unternehmen feststellen: Sie steigen auf die Cloud um, ohne zuvor eine angemessene Governance zu implementieren, sagt Cassie Shum, Technical Director bei Thoughtworks North America.


“Dann wird festgestellt, dass die Entwicklerinnen und Entwickler alle mehrere Cloud-Instanzen in Testumgebungen eingerichtet haben und diese ohne angemessene Maßnahmen weiter laufen lassen, und der CFO fragt sich, warum die Kosten in die Höhe schnellen", sagt sie.


Infolgedessen kommt es immer häufiger vor, dass Unternehmen, die eilig in die Cloud migriert haben, plötzlich einen Rückzieher machen.


Einer der Gründe dafür ist, dass die IT-Beschaffung im Unternehmen in traditionellen Denkweisen verharrt, sagt Shaw. Unternehmen denken, auf die Cloud umzusteigen heißt, einen einzigen Anbieter zu wählen und mit diesem einen großen Firmenvertrag abzuschließen. "Tatsächlich ist die Cloud anders; Sie müssen dafür einen anderen Ansatz finden", fügt er hinzu.


Cloud jenseits der Kosten


Eine Taktik, um Cloud-Verdrossenheit zu vermeiden, besteht darin, von Anfang an mehr als nur Kostenvorteile anzustreben, sagt Alexandre Goedert, Head of Technology bei Thoughtworks Chile. Die Cloud kann zwar definitiv zu Kosteneinsparungen führen, aber es gibt noch weitere Vorteile wie eine verbesserte Agilität und die Fähigkeit, schnell auf Veränderungen zu reagieren. In einer Welt, die das Pandemie-Jahr 2020 durchlebt hat, sind das nicht zu unterschätzende Eigenschaften.


Einer der Hauptvorteile der Cloud für Unternehmen ist die Elastizität, d.h. die Fähigkeit, die Computing-Ressourcen bei Nachfragespitzen zu erhöhen oder in ruhigen Zeiten zu reduzieren. Bei dieser Verbindung zwischen den benötigten Computing-Ressourcen und dem, wofür man bezahlt, schwingt zwar das Finanzthema mit, aber sie ist leichter zu erreichen, wenn alles für den Betrieb in der Cloud optimiert ist, sagt Goedert.


Dass sich Cloud-Anwendungen leicht skalieren lassen, hat Vorteile, die über die dynamische Bereitstellung hinausgehen. Shum erzählt, dass ein Finanzdienstleistungsunternehmen, mit dem sie zusammengearbeitet hat, gezwungen war seinen Mainframe aufzugeben, weil das Gerät das steigende Transaktionsvolumen, das aufgrund des geplanten Wachstums des Unternehmens prognostiziert wurde, einfach nicht mehr bewältigen konnte. "Das ist ein ziemlich starker Anreiz, in die Cloud zu migrieren, aber es ist auch eine Herausforderung. Wenn Sie erwarten, dass dies über Nacht geschieht, werden Sie wahrscheinlich auf einige Stolpersteine stoßen."


Auch der Wunsch nach Innovation kann ein starker Antrieb für Cloud-Migrationen sein, sagt Shaw. Die Cloud ist die ideale Umgebung zum Testen digitaler Produkte, da Sie Ihren Entwicklungsteams viel Autonomie geben können, um schnell und kostengünstig kleine Umgebungen einzurichten, wenn sie sie brauchen." Wenn ein Experiment erfolgreich ist, können sie das, was sie gebaut haben, wachsen lassen und skalieren", fügt er hinzu.


Geteilte Sicherheit in der Cloud

Als die Cloud vor mehr als einem Jahrzehnt erstmals Thema wurde, waren viele Führungskräfte um die Sicherheit besorgt: Sie waren mit dem Modell der Abschottung, mit dem sie ihre Rechenzentren umzäunt hatten, vertraut und waren skeptisch, dass Dritte einen solch robusten Schutz bieten könnten.


Dabei kann die Migration von Aufgaben in die Cloud die Sicherheit erhöhen, argumentiert Shaw.


Der Schlüssel zum sicheren Einsatz der Cloud ist das Modell der geteilten Verantwortung zu verstehen, so Shaw: die Abgrenzung der Verantwortlichkeiten zwischen Ihnen und Ihren Cloud-Anbietern." Das kann ein mühsamer Prozess sein – besonders in stark regulierten Branchen. Und es kann Ihre Cloud-Migration verzögern. Aber die Vorteile werden sich zeigen, sobald Sie cloud-native Anwendungen einsetzen."


Zu diesen Vorteilen gehören:

  • Weniger Verantwortung. Während Sie immer noch eine wesentliche Verantwortung für die Zugriffssicherheit Ihrer Cloud-Dienste tragen, ist Ihr Provider für die Absicherung der Rechen-, Netzwerk-, Datenbank- und Speicherdienste verantwortlich, die Sie nutzen.
  • Hoher Automatisierungsgrad. Cloud-Anbieter verfügen über eine Fülle von Sicherheits-Scannern, die dafür sorgen können, dass Ihre Instanzen und Container bestimmten Vorgaben folgen. Diese automatisierten Schwachstellenprüfungen ermöglichen es Ihnen, in der sich weiterentwickelnden Bedrohungslage auf dem neuesten Stand zu bleiben.
  • Schnelle Patches. Aufgrund des hohen Automatisierungsgrades bietet Ihnen die Cloud die Möglichkeit, Patches für neu entdeckte Schwachstellen schnell bereitzustellen. Das kann Ihre Angriffsrisiken erheblich verringern – das herkömmliche Patch-Management konnte ein mühsamer und zeitraubender Prozess sein.
  • Einfaches Neuaufsetzen. Die Cloud ist eine gemanagte Umgebung, in der es für alles, was läuft, definierte Zustände gibt. Diese Umgebungen sind so konzipiert, dass sie regelmäßig gelöscht und wieder aufgesetzt werden können, ohne dass Sie etwas Wichtiges verlieren – etwa im Falle eines Malware-Befalls können Sie Ihre Umgebung so schnell wieder in einen sicheren Zustand versetzen.


Muster bei der Cloud-Migration


Da die Cloud eine andere Denkweise erfordert, können viele Unternehmen den Wechsel erst dann vollziehen, wenn sie eigene Erfahrungen mit dem Übergang in die Cloud gesammelt haben und aus ihren Fehlern lernen können, sagt Goedert.


Er beobachtet vier gängige Muster bei der Cloud-Migration.

Lift and Shift

Trotz der Tücken von Lift and Shift bleibt es ein gängiges Muster für die Migration in die Cloud. Das ist in jenen Fällen verständlich, in denen Unternehmen Rechenzentren haben, die sich dem Ende ihrer Lebensdauer nähern, sagt Shaw. "Unter diesen Umständen wollen sich viele Unternehmen nicht zu einem weiteren 20-Jahres-Vertrag für ein Rechenzentrum verpflichten, so dass Lift and Shift eine brauchbare Option wird."


Shaw hat mit Unternehmen zusammengearbeitet, die sich dafür entschieden haben; fast alle hätten geplant, ihre Anwendungen zu einem späteren Zeitpunkt neu zu konzipieren. "Nicht viele haben es tatsächlich geschafft", fügt er hinzu.


Plattformwechsel für geschäftskritische Systeme

Als ersten Schritt zur Optimierung von Anwendungen für die Cloud können Unternehmen einen Plattformwechsel in Betracht ziehen und etwa eine Anwendung statt auf einer herkömmlichen relationalen Datenbank auf einer in der Cloud liegenden Datenbank laufen lassen.


Der Vorteil eines Plattformwechels besteht darin, dass Unternehmen einige Cloud-Funktionen nutzen können, ohne mühsam ihre großen, komplexen, geschäftskritischen monolithischen Anwendungen zerlegen zu müssen.


Monolithen neu aufbauen

Um die Vorteile der Cloud in vollem Umfang nutzen zu können, müssen Sie wahrscheinlich Ihre monolithischen Anwendungen neu strukturieren, d.h. stückweise zerlegen und auf cloud-native Weise neu aufbauen, wobei die gesamte Anwendung im Laufe der Zeit schrittweise in die Cloud verlagert wird.


Das kann ein mehrjähriges Unterfangen sein, sagt Shum, daher sei es wichtig, dass Geschäfts- und IT-Teams eng zusammenarbeiten, bevor sie damit anfangen. "Wenn es keinen eigentlichen betriebswirtschaftlichen Anwendungszweck gibt, den wir anstreben, wird es zu dieser Cloud-Müdigkeit kommen, weil niemand mehr sofortige Kostenvorteile sieht", fügt sie hinzu.


Wenn es bei Ihnen eine starke Wechselbeziehung zwischen der IT und dem Geschäft gibt, kann die Zerschlagung Ihres Monolithen Ihre unternehmerische Agilität langfristig drastisch erhöhen.


Nichtsdestotrotz ist die Demontage eines Monolithen eine gewaltige Aufgabe. Thoughtworks befürwortet in der Regel ein scheibchenweises Vorgehen, bei dem eine Scheibe eine vollständige Funktion darstellt, die in die Cloud übertragen werden kann. "Typischerweise bauen wir eine Art Matrix auf und sehen uns an, was die Top-Funktionalität ist, bei der man den unmittelbaren Nutzen des Umstiegs erkennen kann", sagt Shum.


“Ein Scheibchen sollte durch Teile der Technik und durch Teile der Architektur schneiden. Es soll Ihnen ermöglichen, Fähigkeiten wie Continuous Integration und Lieferpipelines voranzutreiben, die für das Ziel cloud-nativ zu werden zentral sind.


Einsatz von Polycloud

Seit einiger Zeit schon vertritt Thoughtworks den Ansatz der Polycloud. Dieser Cloud-Ansatz widerspricht sowohl der Praxis, nur einen einzigen Cloud-Firmenvertrag abzuschließen, als auch der Auffassung, dass Unternehmen den kleinsten gemeinsamen Nenner für Cloud-Dienste finden sollten, in der Hoffnung, dass dies die Migration zwischen Cloud-Anbietern erleichtern würde.


Die Idee der Polycloud spiegelt einen Cloud-Reifegrad wider, über den bisher wahrscheinlich nur wenige Unternehmen verfügen, sagt Shaw. Aber es gibt gute Gründe, dieses Ziel anzustreben, fügt er hinzu.


Die großen Cloud-Anbieter haben gegenwärtig recht ähnliche Kernprodukte, aber es gibt durchaus bedeutende Unterschiede – sei es in Bezug auf Datenschutz oder bei Angeboten für Machine Learning. Und bei manchen Aufgaben mag ein Anbieter erhebliche Vorteile gegenüber einem anderen bieten.


Unternehmen sollten auch den Lebenszyklus ihrer Anwendungen berücksichtigen. "Wollen Sie sich mit so etwas wie dem Kernsystem einer Bank, das durchaus eine Lebensdauer von zehn Jahren haben kann, wirklich so lange an einen Anbieter binden?” fragt Shaw.


Es muss auch zwischen Polycloud und Multicloud unterschieden werden. Polycloud nutzt unterschiedliche Cloud-Kapazitäten von mehreren Anbietern, je nach dem welche Kapazitäten am besten den Bedarf des Unternehmens decken. Multicloud bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die gleichen Kapazitäten – und darauf laufende Anwendungen – an verschiedenen Orten genutzt werden, manchmal als Backup für SLA-Probleme. Wir sehen häufig, dass Unternehmen aus Gründen der Betriebssicherheit eine Multicloud-Strategie verfolgen, sagt Goedert, insbesondere wenn ihre Provider Probleme hatten, Service-Level-Agreements zu erfüllen.


Cloud ist anders


Wie wir gezeigt haben, fordert das Ausschöpfen des Potenzials der Cloud Ihrem Unternehmen enorme Veränderungen ab – von einer Verhaltensänderung Ihrer IT-Beschaffung über die Neu-Architektur Ihrer Anwendungen bis hin zu Umstellungen der Arbeitsweise Ihrer Teams. "Es ist ein mehrjähriges Unterfangen", sagt Shaw, "und Sie werden wahrscheinlich nicht alles richtig machen."


Als Gewinner werden diejenigen hervorgehen, die mutig genug sind, aus diesen Fehlern zu lernen und sich nicht in die alten Gewohnheiten zurückzuziehen. "Letztendlich kann die Unternehmensmodernisierung durch den Umzug in die Cloud beschleunigt werden", so Goedert. "Sie müssen einen Plan entwickeln, wie Sie das bewerkstelligen wollen."

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